Der Traum meiner schlaflosen Portrait-Fotografen-Nächte kam vor einigen Tagen bei mir an.
Bisher habe ich meine Portraits mit dem Olympus 45mm 1.8 fotografiert. Zu der Zeit, zu der ich mir das Oly gekauft habe, gab es schlicht keine Alternativen an lichtstarkem Portrait-Glas für Micro Four Thirds. Das hat sich ja nun gewandelt. Neben lichtstarken, manuellen Linsen gibt es noch das Lumix 42.5mm 1.7 - sozusagen der "kleinere" Bruder des Nocticron im Panasonic Lumix Line-Up.
Aber zurück zum Nocticron. Der erste haptische Eindruck: Ein massives Stück Glas und Metall, top verarbeitet. Für Micro Four Thirds-Verhältnisse ist das Objektiv recht groß, aber es hat eine sehr angenehme Größe und man fasst es aufgrund der tollen Haptik eh gerne an. Außerdem Offenblende 1.2... Lecker und ideal für available light Portraits! Schön ist auch der manuelle Blendenring am Objektiv - sattes Klicken und feine Mechanik. Ebenfalls mit dabei ist eine solide Streulichtblende. Auch die ist natürlich aus Metall gefertigt. Wo Leica drauf steht, ist die Erwartungshaltung bei einem Objektiv ja schon mal groß. Und man wird hier nicht entäuscht!
Nun habe ich in den letzen zwei Wochen erste Shoots und am vergangenen Sonntag auch einen Workshop mit dem Nocticron gemacht. Halleluja, das ist echt eine klasse Linse! "Zarter Schmelz", murmelte ich zu mir als ich nach den ersten Portraits im Studio aufs Display schaute... Irgendwie dachte ich an leckere Vollmilch-Schokolade, aber die mit etwas mehr Kakao drin und der besonders guten Milch. Diese Schokolade, die dir mit cremigem Schmelz auf der Zunge zergeht, du dabei deine Augen schließt und im Hirn die Endorphine kurz mal Achterbahn fahren. Es gibt Dinge - und Objektive - die entziehen sich einfach dem rationalen Denken! :-) Und sind wir mal ehrlich: (Portrait)Fotografie hat eben viel mit Gefühl und Emotion zu tun. Da kommt so ein Objektiv, das dir sagt, "Ich bin anders als die anderen", gerade recht.
Verglichen mit dem Nocticron haben die Bilder meines Olympus 45mm einen irgendwie etwas sterileren Look. So könnte man es gut beschreiben. Nicht das das Olympus ein schlechtes Objektiv wäre, ganz im Gegenteil. Das Nocticron bietet aber im Vergleich mit einer Offenblende von 1.2 eben dieses Plus an Lichtstärke und Potential zum Freistellen. Auch das Bokeh des Nocticron ist besonders schön. Aber da ist eben noch mehr. Eben dieser besondere Look und Schmelz in den Bildern. Auch die Farbwiedergabe ist sehr, sehr schön. Und das sage ich als Schwarz/Weiß-Freak. Nicht zu unterschätzen ist auch das Plus an Licht, das bei Blende 1.2 auf den Sensor kommt. Gerade für mich als Available-Light-Fotografen ist das sehr angenehm, wenn der ISO weiter unten bleiben kann.
Zum Autofokus kann ich kurz und kanpp sagen: Schnell und treffsicher. Aber in dieser Hinsicht sind ja die spiegellosen Lumix Kameras mit aktuellem Glas eh top.
Hier ein paar Fotos, entstanden mit der Kombi aus GX8 und Nocticron. Alles bei Offenblende 1.2 fotografiert.
Ist das Nocticron die ultimative Portraitlinse für MicorFourThirds? Ja! Außer der Tatsache, dass man hier eben für ein außergewöhnlich gutes Objektiv auch einen gewissen Betrag auf seinem Konto plündern muss, gibt es keine Schwächen an der Linse. Wenn man sich erstmal an Portraits und die People Fotografie "rantraut", ist sicherlich auch das Lumix 42.5mm 1.7, dem ich mittlerweile den Vorzug vor dem Oly 45er geben würde, eine klasse Alternative zum günstigeren Kurs. In meinen Augen gibt es aber im Moment keine bessere und professionellere Portrait-Linse für MicroFourThirds. Mechanisch und von der Verarbeitung ist das Objektiv eh für die Ewigkeit gebaut.
Ein weitere Vorteil gegenüber z.B. dem auch sehr lichtstarken Voigtländer Nokton 42.5mm ist der Autofokus und der Stabilisator im Objektiv. In Kombination mit dem Stabi in der GX8 kann man noch bei einer 20stel aus der Hand fotografieren. Der Preis relativiert sich also, wenn man die aufwendige Konstruktion, die Verarbeitung und die Tatsache, dass das Nocticron schon bei Offenblende knackscharf ist, berücksichtigt.
Hier noch ein paar Fakten und technische Daten zum Leica Nocticron 42.5mm 1.2
- Brennweite 42.5mm (KB equiv. 85mm)
- Micro Four Thirds Bajonett/Anschluss
- 14 Linsen in 11 Gruppen
- Blende: 1.2 bis 16 (Blende mit 9 Lamellen)
- Autofokus
- Naheinstellgrenze: 0,5m
- Blendenring am Objektiv (funktioniert nur mit Lumix Kameras, bei Olympus über die Kamera)
- Streulichtblende aus Metall inklusive
- Konstruktion aus Metall, Bajonett aus Metall
- Power O.I.S. Bildstabilisator